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TEGLA LOROUPE
Lebensmotto: "Ich möchte gar nichts Besonderes sein. Ich möchte
derselbe Mensch bleiben, der ich immer war."
Trainer: Volker Wagner
(Detmold/Deutschland)
Sponsor: Nike u. a.
Nationalität: Kenianerin
Wohnorte: Davos/Schweiz, Nakuru/Kenia, Detmold/Deutschland
Geburtstag: 9. Mai 1973
Größe: 1,53 m
Gewicht: 39 kg
Hobbys: Lesen, Kirchenmusik, Netball und mit
Kindern spielen
Spezialstrecke: Marathon
Beste Weltranglistenplatzierung: 1 (1997-1999)
Größte Erfolge:
vierfache Weltstraßenläuferin; Weltrekordlerin Marathon, 20 km, 25 km und
Stunde
Marathon: Siegerin Rotterdam (1997-1999), New York (1994-1995), Berlin
(1999), London (2000), Rom (2000) und Lausanne (2002)
Halbmarathon: jeweils dreifache Einzel- und Mannschafstweltmeisterin
(zwischen 1997-2002)
10.000 m: 2-fache Gewinnerin der Goodwill-Games (1994, 1998) und zweifache
WM-Bronzemedaillen-gewinnerin (1995 und 1999)
Bestzeiten: Marathon: 2:20:43; Halbmarathon: 1:07:12; 10.000 m: 30:32,03
Tegla Loroupe ist
sicherlich eine außergewöhnliche Frau. Nicht nur wegen ihrer
beeindruckenden sportlichen Erfolge, sondern auch, weil sie im Gegensatz zu
vielen anderen Weltstars stets bescheiden geblieben ist. Obwohl ihr
Terminkalender ihr wenig Freiraum lässt, ist sie zu anderen Menschen stets
höflich und hilfsbereit. Ihr ansteckendes, herzliches Lachen machte sie zu
einer der beliebtesten Athleten in der internationalen Leichtathletikszene.
Wer "Chepkite", wie sie ihre Freunde
rufen, die 1,53 m kleine Große der Langstrecken so vor sich stehen sieht,
kann kaum glauben, dass dieses stille Persönchen die Kraft besaß, sich ihrem
Vater Abraham und den anderen Männern des Stammes der Pokot
in Kenia als Jugendliche zu widersetzen und gegen deren Willen
Profisportlerin zu werden. Und nicht nur das, sondern auch vierfache
Weltstraßenläuferin des Jahres, fünffache Weltrekordlerin und sechsfache
Weltmeisterin.
Begonnen hat Teglas Geschichte in Kapenguria, wo sie als eines von 25 Geschwistern eines
Farmers mit vier Ehefrauen aufwuchs. Irgendwann beschloss das kleine Mädchen,
das schon früh Verantwor-tung tragen, das Feld
bearbeiten, Vieh hüten, Wasserkrüge schleppen und auf die jüngeren Ge-schwister aufpassen musste, dem von Männern
dominierten Umfeld zu entfliehen, für die Frauen nur gut für die Haus- und
Feldarbeit sowie das Kinder kriegen waren. "Chepkite" wollte ein besseres Le-ben,
rannte schon als Siebenjährige alleine jeden Morgen die zehn Kilometer barfuß
bis zur Schule. Dadurch wurde sie nicht nur schnell, sondern auch schlau. Und
als Vater Abraham sagte: "Du wirst verdorben, wenn Du so weiter machst.
Du darfst nur weiter laufen, wenn Du im Rechnen besser als Dein Bruder
William bist", sagte sie spontan: "Okay" und siegte. Heute ist
der Vater, der sie früher ein "kleines verrücktes Mädchen" nannte,
froh, dass Tegla nicht auf ihn hörte und er seinen
Freunden stolz von ihren Erfolgen auf der ganzen Welt berichten kann.
"Zu laufen ist für uns Kenianer die beste Möglichkeit auf ein besseres
Leben", sagt Tegla, "denn bei uns gibt es
für Kinder kaum die finanziellen und strukturellen Möglichkeiten, Sportarten
zu betreiben, für die man aufwendige Geräte benötigt." Dass sie Talent
dazu hatte, eine erfolgreiche Leichtathletin zu werden, merkte Tegla erstmals, als sie in der Schule Wettkämpfe über 800
m und 1.500 m gegen einige Jahre ältere Gegner gewann und über die längeren
Strecken sogar die Jungen schlug. "Außer meiner Mutter und meiner
älteren Schwester, die leider mittlerweile verstorben ist, hatte ich in
meiner Heimat dennoch nie Unterstützung", berichtet Tegla.
"Alle anderen glaubten, ich würde mit Laufen nur meine Zeit
vergeuden."
Auch
der kenianische Leichtathletikverband behandelte sie lange Zeit
stiefmütterlich, weil er sie für zu schmächtig hielt und die Pokot im Lande als Viehdiebe keinen guten Ruf genießen.
Doch 1988 gewann "Chepkite" einen Crosslauf und wurde vom kenianischen Verband daraufhin
für die Junioren-Weltmeisterschaften nominiert, die sie als 28. beendete.
Danach war ihre Erfolgsstory nicht mehr zu stoppen.
1994 lief sie in New York ihren ersten bedeutenden Marathon und gewann ihn
auf Anhieb als erste Afrikaerin überhaupt. Dafür
wurde sie mit 30.000 Dollar Preisgeld und einer Luxuslimousine belohnt. In
der Folgezeit wurde nicht mehr nur über die erfolgreichen kenianischen Männer
berichtet, und immer mehr weibliche Jugendliche begannen mit Tegla als großes Vorbild mit dem Laufen, so dass es heute
zahlreiche kenianische Spitzenläuferinnen im Langstreckenbereich, vor allem
über die prestigeträchti-gen 42,195 Kilometer gibt.
Tegla selbst gewann bis heute nahezu alle wichtigen
Marathons der Welt. Im Jahr 2000 machte ihr ei-ne
Lebensmittelvergiftung allerdings einen Strich durch die Rechnung, in Sydney
die erste Doppel-Olympiasiegerin im Marathon und über 10.000 Meter zu werden.
Dennoch beendete sie ("Ich bin die Hoffnungsträgerin von Millionen von
Menschen, ich kann nicht einfach aufgeben") mit unbändigem Wil-len beide Rennen, lag als Fünfte über 10.000 m noch unter
der Zeit der Olympiasiegerin von 1996.
Mit Sydney begann aber eine sportliche Pechsträhne, die bis Ende 2001
anhielt. Bei den Marathons von London und Berlin bekam sie mitten im Lauf
jeweils gesundheitliche Probleme und konnte die vorher guten
Trainingsleistungen deshalb nicht bestätigen. An der WM in Edmonton/Kanada
durfte Tegla auf Weisung des eigenen Verbandes
trotz souveräner Qualifikation über 10.000 m nicht teilnehmen, weil sie nicht
an einem kurzfristig anberaumten Trainingslager der kenianischen
Nationalmannschaft teilgenommen hatte, da sie davon - in Europa weilend -
viel zu spät erfuhr. Aber Tegla will die Flinte so
schnell nicht ins Korn werfen, 2001 wieder angreifen und noch mindestens vier
Jahre auf hohem Niveau laufen. Danach möchte sie sich noch intensiver mit
Sozialpolitik beschäftigen, Langstreckenrennen mit Pferden bestreiten und
ihre große Leichtathletikerfahrung auch als Trainerin und Managerin an
Talente weitergeben.
Kraft gibt der überzeugten Protestantin in schweren Zeiten vor allem ihr
großer Glaube an Gott. Sie ist davon überzeugt, dass alles, was in ihrem
Leben passiert, vorbestimmt ist und einen Sinn hat. Folglich empfindet sie
auch keinen Neid oder Hass auf andere, wenn diese einmal bei einem Rennen vor
ihr liegen. Tegla ist nicht für die große Show und
theatralische Emotionen; sie ist eher ein sensibler und trotz langjähriger
Medienerfahrung oft sogar schüchtern wirkender Mensch. Folglich ist ihr für
im Leben ein intaktes Umfeld sehr wichtig, hasst sie es auch, ständig alleine
in Hotels oder im Flieger zu sein. Dementsprechend hoch ist bei ansonsten
konsequentem Luxusverzicht die Handy-Rechnung, wenn sie sich die Zeit durch
Gespräche mit ihren Freunden auf der ganzen Welt vertreibt.
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